Inzwischen haben wir Melbourne erreicht - unser Etappenziel in Australien! Doch von vorne ... In Lorne mieten wir zur Abwechslung ein kleines Appartement mit Sprudelbadewanne. Wie herrlich nach einem weiteren langen Fahrradtag die Muskeln so zu entspannen. Nur der sensible Brandmelder kommt nicht ganz klar mit den Mengen an heissem Wasserdampf und meldet sich lautstark. Oder stinken wir inzwischen so penetrant? Am nächsten Tag starten wir früh, um dem Wochenendverkehr auszuweichen. Es ist Melbourne Cup und viele nutzen den freien Dienstag, um der Grossstadt ein paar Tage zu entfliehen und an die Küste zu fahren. Die Tickets für das Pferderennen sind so teuer, dass sich das praktisch niemand leisten kann. Wie wir das schon oft gemacht haben, planen wir am Vorabend eine Route, die ab und zu wegführt von der Haupt- auf eine ungeteerte Nebenstrasse. Bester Laune radeln wir früh morgens mit einem Regenbogen im Rücken drauf los. Doch zwei Stunden später stecken wir im Schlamm fest. Auf einer Strasse nur wenige Kilometer von der Hauptachse entfernt.Wir sehen uns gezwungen das Gepäck abzusatteln, um unsere Velos überhaupt noch schieben zu können. Im einen der drei metertiefen schlammigen Gräben, aus denen die Strasse besteht, windet sich ein Glasfaserkabel als weitere Challenge. Kurz erhaschen wir einen Blick auf einen grossen 4x4-Geländewagen. Auf der Kuppe des steilen Anstiegs, den wir gerade in Angriff nehmen, macht er kehrt. Nur zwei Jungs mit fetten Dirtbikes kommen uns entgegen. Wir "dräckele" und schieben was das Zeug hält. Jonas etabliert einen neuen Jingle, den wir ab sofort in so absurden Momenten singen. "Night fever, night fever, ..." Einmal mehr stehen wir vor der Wahl: Akzeptieren, das Beste draus machen, über die absurde Situation lachen. Oder sich tierisch aufregen und sich die Laune verderben lassen. Wir entscheiden uns fürs Erstere. Denn das macht die Herausforderung, die Velos irgendwie den steilen Hang hochzuschieben, definitiv leichter. Nach einer ausgiebigen Putzrunde, schwingen wir uns mit drei Stunden Zeitverlust wieder auf unsere Räder. Nun radeln wir als Teil des Wochenendverkehrs via Torquay nach Ocean Grove. Wir winken den letzten Känguruhs zu und ein herrlicher Radweg entlang der Küste entschädigt uns für den Vormittag. Den letzten Hügel mit 20 % Steigung kämpft sich nach vier Wochen Training auch Helen auf dem Fahrrad hoch. Yes! Unsere nächsten Warm Shower-Hosts Janet und Peter heissen uns herzlich willkommen, verwöhnen uns mit Apéroplatte und leckerer Pasta. Da wir nur noch wenige Kilometer von unserem Ziel Portarlington enfernt sind, können wir am nächsten Morgen den Feiertag gemeinsam mit den beiden verbringen. Wir dürfen unsere Velos in ihrem Garten reinigen und gehen zusammen Fish & Chips essen. Auch der obligate Gang in einen Pub darf natürlich nicht fehlen. Schliesslich möchten auch wir beim Melbourne Cup mitwetten und auf eines der Pferde setzen. Als wir losradeln wollen, beschliessen sie kurzerhand noch ein Stück mit uns mitzufahren. So schön! Punkt drei Uhr retten wir uns zu viert aus dem Regen in einen Unterstand des lokalen Werkhofs und schauen uns zusammen mit dem Werkhofmitarbeiter auf dem Handy das Pferderennen an. Leider bleibt es bei der geplanten sechsmonatigen Reisedauer, unsere Pferde "Without a Fight" und "Serpentine" gehen leer aus. Danach trennen sich unsere Wege und wir radeln eine wunderbare Begegnung reicher nach Portarlington. Als Schlussbouquet verhagelt es uns noch auf den letzten Kilometern. Wir pfeifen "Night fever, night fever .." und fahren zum Fährenterminal. Stolz sind wir, denn der erste fantastische Teil unserer Reise mit rund 1.821,1 Kilometern und 18.226 Höhenmetern liegt hinter uns. Nun geniessen wir ein paar Tage Stadtleben bevor wir am 8. November nach Neuseeland fliegen. Die Bevölkerung hier ist noch vielfältiger als in New York und entsprechend gibt es einiges an Kulturellem und Kulinarischem zu entdecken. Wir bestaunen Streetart, spazieren durch Stadt und Bucht, besuchen ein Jazzkonzert im Club Bird's Basement und geniessen leckeres Essen. Daneben nehmen wir uns Zeit unser Equipement zu reinigen, zu flicken und nochmals zu verschlanken. Nebst dem seit 16 Jahren kältesten Novembertag in Melbourne, geniessen wir noch ein paar sonnige wärmere Tage im T-Shirt. Auch ein gemütlicher Sonntagvormittag mit Brunch und Zeitunglesen - fast so wie zuhause - liegt 'mal wieder drin. Schön wars, hier in Australien! Wir sind länger geblieben als geplant und sind begeistert. Unglaublich viel durften wir bereits erleben, wunderschöne Landschaften durchfahren, eine spannende und uns völlig fremde Tierwelt entdecken. Auch mit unserem Entscheid viel Zeit im nicht sonderlich touristischen South Australia zu verbringen, sind wir zufrieden. Viele Menschen sind uns mit ehrlichem Interesse und einer grossen Offenheit begegnet! Danke, von Herzen.
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Während einem besonders warmen Spätherbst in der Schweiz radeln wir seit ein paar Tagen oft durch den Regen. Das ist manchmal so absurd, dass wir laut loslachen müssen! So zum Beispiel als wir auf der ersten Etappe nach unserer Pause in Mount Gambier dem südaustralischen Dry Creek Reserve entlang radeln. Denn schon nach den ersten zwei Fahrstunden sind wir von Kopf bis Zeh durchnässt, wie passend zu diesem Reservatsnamen. Da hilft nur noch eines: Wir kaufen im nächsten kleinen Laden in Nelson einen Pie (eine kleine warme Pastete) und einen Becher heissen Tee. Zum Glück gibt es die leckeren Pies in fast jedem Dorf zu kaufen und wir werden uns noch ein paar 'mal so aufwärmen in den nächsten Tagen. Der Glenelg River schlängelt sich durch dieses Gebiet und führt so viel Wasser wie selten. Wir radeln durch einen weiteren gewaltigen Nationalpark, der seine Ufer säumt. Via Drik Drik, ein kleines Dorf in dem aufgrund der Landflucht nur noch eine Kirche, ein Friedhof und drei Familien zu finden sind, fahren wir zurück Richtung Dartmoor. Wir stellen lachend fest: Es braucht schon zwei "stuure Böcke", um trotz Hudelwetter eine fast doppelt solange Strecke nach Dartmoor in Kauf zu nehmen nur um noch durch ein weiteres Naturschutzgebiet zu fahren. Wir finden: Es lohnt sich, manchmal auf die Zähne zu beissen. An unserem Ziel werden wir herzlich und winkend von Michael empfangen. Er und seine Frau Elly sind an diesem Abend unsere Warmshower-Hosts. Warmshowers ist eine Plattform über die sich Velofahrende gegenseitig Kost und Logis weltweit kostenlos zur Verfügung stellen. Wir verbringen einen tollen Abend mit ihnen und sie bekochen uns köstlich. Wir fühlen uns wohl und während dem unsere nassen Sachen vor dem Cheminée trocknen, tauschen wir uns den ganzen Abend aus übers Tourenvelofahren, über schöne Erlebnisse in der Natur und lernen einiges über Australien. Dank Michaels Routentipps fahren wir am nächsten Tag eine wunderbare Etappe nach Portland. Noch einmal durchqueren wir ein Schutzgebiet, den Cobboboonee National Park. Die morastige Strasse verlangt uns einiges ab, aber die schöne Streckenführung und die vielen Wallabies und Känguruhs machen alles wett. Nach einem kurzen Picknick auf dem Mount Richmond düsen wir den Hügel hinunter Richtung Zieldestination, doch plötzlich reist Jonas eine Vollbremse! Mitten auf der Strasse sitzt ein Koala. Und frisst. Und lässt sich durch nichts, aber wirklich nichts stören! Teaser: Auch klingeln bringt nichts (dank GoPro haben wir diesen köstlichen Moment festgehalten, siehe Video). Nach einer weiteren Nacht auf einem Campingplatz führt uns unser nächste Etappe von Portland nach Port Fairy, wo wir erneut bei Warmshower-Hosts übernachten. Auch von ihnen werden wir bestens verpflegt und dürfen die erst wenige Tage alten Welpen der Hündin Rosie bestaunen. So junge Welpen haben wir beide noch nie gesehen. Ihre Augen sind noch zu, krabbelnd sind sie auf der Suche nach Wärme. Beim gemeinsamen Znacht mit Cynthia und Mark erzählen wir von unserer platten Schlafmatte und Helens Knieschmerzen. Für beides haben sie hilfreiche Tipps parat. Sie organisieren in der Region Radrennen und Mark ist vor vielen Jahren die Simpson Desert Bike Challenge gefahren (noch ohne Fatbike!) Wir sind echt dankbar Teil einer so tollen Community zu sein. Sobald wir wieder in der Schweiz sind, werden auch wir Tourenfahrenden unser Gästezimmer zur Verfügung stellen. Via Warnambool fahren wir an den Folgetagen entlang der Great Ocean Road. Diese wird uns fast bis nach Melbourne führen. Regelmässig quatschen uns Leute an und können es kaum fassen, dass wir mit unseren bepacken Velos und ohne Motor von Adelaide bis hier her gefahren sind. Noch immer regnet es. Immerhin: Das Wetter ist so unbeständig, dass die Wettervorhersage für den nächsten Tag selten zutrifft. "Mir nähmes also wies chunt." Am einen Tag fahren wir pitschnass dafür mit saftigen 30 kmh Rückenwind an den "Twelve Apostels" vorbei, am nächsten radeln wir bei Sonnenschein steil bergauf durch den Regenwald. Wo wir können wechseln wir auf die unbefestigte Old Great Ocean Road. So weichen wir teilweise dem Verkehr aus. An den anderen Tagen stehen wir um Viertel nach Fünf in der früh auf, um nach einem warmen Frühstück kurz nach Sieben Uhr loszufahren. Auch so gelingt es uns den Verkehr teilweise zu umfahren und die magische Morgenstimmung im Regenwald ganz alleine zu geniessen. Riesenfarn wächst entlang der Strasse, Kakadus und Koalas brüllen im Geäst. Nach viel Regen entschädigt uns ein sonniger Tag mit Start am Cape Otway in die kleine Stadt Lorne. Nach einem ersten Aufstieg folgt eine rasante Abfahrt nach Apollo Bay. Danach windet sich die Great Ocean Road entlang der Steilküste, eine Bucht schöner als die andere. Trotz Gegenwind und einigen Höhenmetern, geniessen wir jede Minute. Denn - unglaublich aber wahr - in zwei Etappen haben wir Melbourne bereits erreicht. Rund 1.642 Kilometer und 15.500 Höhenmeter in den Beinen, steigt unsere Vorfreude auf Neuseeland und weitere Veloabenteuer täglich. Die Australier:innen warnen uns: It's beautiful but hilly over there! Wir antworten inzwischen ganz in australischer Manier: No worries :). P.s.: Inzwischen hat Jonas ein erstes Video zusammengeschnitten. Darin fährt ihr mit uns über Kangaroo Island und erlebt dank Go Pro-Aufnahmen die schönsten Momente und besten Abfahrten hautnah mit. Ihr findet es unter dem Blogeintrag "Wir werden gewarnt: its hilly!" Nach 17 Radetappen entscheiden wir uns für ein paar radelfreie Tage in Mount Gambier. Wir müssen dringend unsere Isomatte flicken, die jede Nacht Luft verliert, unsere Velos pflegen und wieder einmal ein wenig chillen, fänden wir auch ganz nett. Die Kleinstadt liegt in einem Gebiet, das von vergangenen Vulkanausbrüchen gezeichnet ist. Da die Vulkane damals implodierten, türmen sich keine Lavaberge vor uns auf. Anstattdessen liegt ein gigantisches Höhlensystem unter uns. Oberflächlich ist die Landschaft geprägt von sogenannten "sink holes" und Zugängen zu diesem unterirdischen Labyrinth. Wir besuchen mehrere Seen, die sich in diesen Kalksteintrichtern gebildet haben. Im einen See kann man sogar baden und trotz konstanten 12 Grad Wassertemperatur wagen wir den Sprung ins kalte Nass an einem sonnigen Tag. Auch ein Grossteil des Höhlensystems liegt unter Wasser, doch ein Ertauchen desselben bleibt guten Höhlentaucher:innen vorbehalten und entspricht nicht unserem Tauchniveau. Wir mieten anstattdessen ein paar Neoprenanzüge und organisieren eine Schnorchelbewilligung für die Piccaninnie Ponds. Die Teiche werden auch genützt als Zugang zum Höhlensystem und dank dem besonders klaren Wasser, können wir von oben herab weit hinunter in einen der Zugänge blicken. Es ist ein unbeschreibliches Erlebnis im Naturschutzgebiet zu schnorcheln. Wir fühlen uns wie zu Gast in einer magischen Unterwasserwelt und sind verzaubert von den Farben, den Unterwasserpflanzen und der kleinen Schildkröte, die Jonas entdeckt (siehe Video). Als Kontrastprogramm geniessen wir in den Folgetagen dann Kulturprogramm und leckeres Essen. Die Mount Gambier Spring Show findet statt, ein Volksfest ähnlich der Herbstmesse. Wir essen süsse und salzige Leckereien durcheinander bis uns schlecht ist und treffen David Miles, einen lizenzierten Schlangenfänger. An seinem Showstand klärt er über den Umgang mit Schlangen auf und steht dabei selber inmitten der giftigsten Tiere Australiens. Wir finden es spannend mit ihm ausszutauschen und währenddessen ein paar ungiftige Echsen zu streicheln. Die Giftschlangen dürfen von den Zuschauer:innen nicht berührt werden und das ist auch gut so. Unter anderem die fünftgiftigste Schlange der Welt streicht ihm um die Beine. Da halten wir doch lieber die friedliche stompy tail lizard in den Händen, die ein bisschen aussieht wie ein Tannzapfen. An einem der Abende kommen wir dann noch in den Genuss eines Konzerts. Die Band Calamari for Breakfast spielt auf und da dies der einzige Event in der Stadt an diesem Samstagabend ist, gehen wir einfach 'mal hin. So verbringen wir einen lustigen Abend als einzige Tourist:innen in einer alternativen Bar. Die meisten Gäste sind wesentlich älter und wir teilen uns den Tisch mit einer witzigen Gruppe pensionierter Lehrerinnen und Lehrer. Sie finden es toll mit uns zu quatschen und alle der Gruppe setzen sich 'mal neben uns, um zu erfahren was wir schon erlebt haben und warum wir ausgerechnet mit dem Fahrrad durch South Australia reisen. Auch wir erfahren so bereits einiges über den Bundesstaat Victoria, in den uns unsere Reise nun weiterführt. Weiter gehts Richtung Coorong National Park. Wir freuen uns wieder auf mehr Natur und weniger Landwirtschaftszone. Wir wurden gewarnt, dass es fast nirgends Wasser gibt. Auch die Coorong Lagoon besteht aus reinem Salzwasser, unser Wasserfilter ist also nutzlos. Wir rüsten entsprechend auf und radeln schwer bepackt los. Zwei Tage werden wir dieser riesigen Lagune entlang fahren, die sich über 150 Kilometer erstreckt. Einmal mehr kommt uns die Schweiz wie ein kleines Museum vor. Die Dimensionen dieses einzigartigen Feuchtgebiets in dem viele Zugvögel auf ihrer Reise vom Norden in den Süden einen Zwischenstopp einlegen kennen wir nicht. Mit dem Fahrrad unterwegs sind wir gezwungen einzutauchen und mindestens eine Nacht im Park zu verbringen. Wir beobachten erneut Pelikane, diesmal im Formationsflug. Lachend rufen wir "Patrouille Pelicane", wenn wieder eine neue Formationsvariante über unseren Köpfen dargeboten wird. Am Abend erreichen wir einen fantastischen Campingplatz direkt an der Lagune: Den Tea Tree Oyster Catcher Campground. Nun ist es an der Zeit die erste Flasche Chämpis von Neville zu tilgen. Bei Sonnenuntergang brutzeln wir unser Znacht. Sobald es dunkel ist und wir uns im Zelt verkrochen haben, beginnt es zu regnen. Doch Moment; kann das sein? Die Wetterprognose ist doch gut!? Wir realisieren, dass das Prasseln gegen die Zeltwände leiser wird, wenn wir unsere Taschenlampen auslöschen. Richtiger Folgeschluss: Das sind tausende von Mückchen, die da um uns herumfliegen! Die gelbe Zeltwand ist ganz schwarz paniert von aussen. Zumindest bis zum Moment in dem Jonas leider nochmals aufs Klo muss vor lauter Chämpis. Ab dann ist auch er paniert; und kurz darauf nach Jonas' Hechtsprung zurück ins Schlafgemach die Zeltwand auch von innen. Wir lachen uns schlapp und nach einer halbstündigen Mückenjagd im Zelt sind wir die Plagegeister los. Immerhin keine Moskitos.
Der zweite Tag führt uns über Schotterpisten Richtung Kingston. Wir beobachten einen jungen Fuchs beim Vertilgen eines toten Wombats, Emus rennen neben uns her. Nach einem traumhaften Vormittag, ziehen sich die letzten Kilometer nach Kingston dann ziemlich. Wir werfen Traubenzucker ein und Helen beisst auf die Zähne. Einmal mehr fühlt es sich an, als hätte die Strasse jemand auf dem Reissbrett geplant. Kingston S.E ist ziemlich heruntergekommen. Viele Häuser stehen leer, vor dem Supermarkt sitzt ein Obdachloser. Dies macht nicht nur uns betroffen. Auch ein älterer Bewohner des Städtchens mit dem Jonas sich vor dem Supermarkt unterhält erzählt ihm, wie desolat die Lage aktuell sei. Krass ist auch der Vergleich mit dem nur 60 Kilometer entfernten Robe. Im charmanten Touristenörtchen verbringen wir den nächsten Abend. Nach drei langen Etappen, gönnen wir uns eine kürzere Fahrt und treffen dank gutem Tempo bereits am Mittag dort ein. Nach einem sonnigen Nachmittag am Strand und einem Besuch in der Wäscherei, nächtigen wir in einem alten Pub. Die Gaststätte Caledonian Inn wurde bereits Mitte des 19. Jahrhunderts von einem Schotten gebaut. Der günstige Zimmerpreis kombiniert mit grossartigem traditionellen Essen bleibt uns sicherlich in guter Erinnerung. Dank Nebensaison verbringen wir trotz Originaltüren aus dem vorletzten Jahrhundert eine ruhige Nacht. Gestärkt schwingen wir uns am nächsten Tag wieder auf unsere Velos und fahren ohne nennenswerte Zwischenfälle bis nach Millicent, der letzte Zwischenstopp auf unserer Route vor dem Vulkangebiet Mount Gambier. Cap Jervis im Rücken strampeln wir was das Zeug hält. Morgenstund hat Gold im Mund und einen steilen Anstieg parat. Wenn Helen oben ankommt und sich die letzten Meter den Hang hinaufkämpft, hat Jonas bereits zehn Varianten des idealen Panoramafotos geschossen. So ist das (siehe Foto). Noch ;-) ... Heute wollen wir Gas geben und bis nach Victor Harbor fahren. Nadelwald säumt neu den Weg und ab und zu sieht die Landschaft dem Aargau gar nicht so unähnlich. Wir profitieren von einem sonnigen Tag und rollen am Mittag die Picknickdecke aus. Nach rund 800 Höhenmetern Aufstieg geniessen wir zum Schluss eine herrliche Abfahrt in die kleine Küstenstadt. Ein verschrecktes Lama und die Songs von Elton John untermalen dieses grande Finale. Am Dienstag legen wir einen ersten Pausentag ein. Nichtsdestotrotz schwingen wir uns aufs Fahrrad und radeln gemütliche 25 Kilometer der Küste entlang nach Goolwa. Ein Radfahrer holt uns ein und verwickelt uns in ein Gespräch. Er radelt spontan mit uns mit und an Goolwa Beach lädt er uns kurzerhand zum Kaffee trinken ein. Neville ist selber ein passionierter Tourenradfahrer und erzählt uns von seinen Abenteuern, die er schon erlebt hat. Er ist unter anderem von Perth bis nach Adelaide geradelt, eine Strecke, die so einiges abverlangt. Wir verstehen uns bestens und nach einer Weile schlägt er uns spontan vor, dass er uns doch das Surfen beibringen könnte. Da er pensioniert ist, hat er Zeit. Wie geil ist das denn? Wir sind begeistert. Natürlich willigen wir ein und eine halbe Stunde später sind wir in Wetsuits gekleidet und mit seinen Surfbrettern ausgerüstet gemeinsam unterwegs an den Strand. Die Sonne scheint, was für ein perfekter Tag! Jonas erweist sich als Naturtalent. Bei einem Bierchen auf seiner Veranda tauschen wir uns weiter aus und seine beiden Hunde Hazel und Diesel leisten uns Gesellschaft. Zum Abschied drückt er uns zwei Flaschen Champagner in die Hand, falls uns das Wasser unterwegs ausgehen sollte. Auch vier Eier von seinen "Chucks" schenkt er uns. Wir sind berührt und sehr dankbar für diese wunderbare Begegnung. Nach einem gemütlichen Znacht im Burgerladen, verbringen wir eine Nacht im wunderbaren BnB Gumnut Getaway in Goolwa North. Den nächsten Tag gehen wir nochmals langsam an. Wir müssen wieder einmal Proviant einkaufen für ein paar Tage und es nieselt sowieso. Spontan haben wir entscheiden noch einen Bogen ins Weinanbaugebiet Langhorn Creek zu fahren. Es ist weniger bekannt als Barossa und MacLaren Valley, aber der Wein von dort hat uns bei einem Restaurantbesuch vor ein paar Tagen vorzüglich geschmeckt. Wir fahren beim Weingut Bremerton vorbei und geniessen beide das erste Mal im Leben ein Weintasting. Wir sind leicht underdressed nach zwei Stunden radeln durch das eklige Nieselwetter, aber wir kommen auf unsere Kosten und sie finden uns unterhaltsam ("Where do you drive next, you crazy guys?"). Wir fahren am Folgetag weiter nach Meningie, natürlich mit einer Flasche Wein im Gepäck. Das Wetter ist wie bei uns im April und bietet von allem etwas. Ein Highlight sind sicher die Pelikane, die wir an mehreren Orten beobachten können. Ansonsten spulen wir Kilometer und nehmen einen weiteren Umweg in Kauf. Highway bei Regenwetter? Nein, danke. Wir müssen uns nicht all' Kilometer von einem Truck duschen lassen. Pasta, Rotwein und die Aussicht auf den See mit dutzenden von Pelikanen entschädigen uns für den langen Tag. Den zweiten Teil unserer Velotour um Kangaroo Island starten wir wie so oft mit einem zweiten Frühstück, zwei leckeren Blueberry Muffins, im General Store von Vivonne Bay. Das Angebot an Lebensmitteln ist sehr begrenzt, doch das lässt uns kreativ werden um zwei weitere Abendessen zusammenzustellen. Es wird spürbar, dass die meisten der rund 4500 Inselbewohnerinnen und -bewohnern an der Ostküste leben, von der wir uns immer weiter wegbewegen. Wir radeln Richtung Westen in den Flinders Chase National Park. Einige der Campingplätze und der Strassen sind aufgrund der verherrenden Brände im 2019 nachwievor gesperrt. Doch wir finden auch so eine schöne Route und radeln zum Admirals Arch. Der von Meer und Wind geschaffene steinerne Bogen befindet sich unterhalb eines Leuchtturms und rundherum tummeln sich erneut Robben. Diesmal ist es eine andere Art, die long-nosed fur seals (neuseeländische Seebären). Einmal mehr wählen wir eine ziemlich hügelige Strecke, doch wir geniessen die Fahrt durch den Nationalpark sehr und in der Dämmerung auf der Rückkehr sind wir bis auf die vielen erwachenden Känguruhs alleine. Abends, im West End Road Caravan Park, sitzt erneut ein Koala im Baum und schaut uns beim Kochen zu. Am nächsten Tag queren wir die Insel und verlassen die wilde Südküste. Im Nordwesten haben wir einen traumhaften kleinen Campingplatz ohne Schnickschnack entdeckt. An der West River Cove angekommen, beschliessen wir uns kurzerhand einen halben Tag Pause zu gönnen. Die kleine Bucht an einer Flussmündung und der kleine Campingplatz vor Ort gehören uns ganz alleine. Nur das Buschklo müssen wir erneut mit einer grossen Huntsman-Spinne teilen. Wir lesen, liegen am Strand und lassen uns vom Wind mit Sand panieren. Für ein Bad ist es noch etwas zu frisch. Der kalte Südwind lässt uns über die beiden Merinopullis frohlocken, die Bestandteil unserer Ausrüstung sind. Tags darauf erwartet uns als erstes ein knackiger Aufstieg. Wir radeln der hügeligen Nordküste entlang und lachen uns schlapp ab Kühen und Schafen, die völlig irritiert ab zwei Velofahrer:innen über die Koppeln davon traben oder neugierig entlang des Zauns Spalier stehen, wenn wir aufkreuzen. Auch ab den Briefkästen amüsieren wir uns, denn alle sind geupcycelt aus alten Kanistern, Fässern oder Tonnen. Sogar eine zum Briefkasten umfunktionierte Mikrowelle sichten wir. Vorbei an Snelling Beach und weiter Richtung Rock Pool Coffee in der Stock Bay radeln wir ausdauernd bis zur Kangaroo Island Brewery. Das irische anmutende Wetter lässt uns immer wieder unsere Regenjacken zücken, eine Boombox am Lenker versüsst uns den Aufstieg nach dem Mittag mit Funky Tunes ab Padys Playliste (Merci, Pady!). In der Brauerei wärmen wir uns auf mit einer Pizza, trinken köstliches Bier und dürfen auf dem Rasen davor kostenlos zelten. An unserem letzten Inseltag wartet nur noch die nicht allzu schöne Rückfahrt der Hauptstrasse entlang nach Penneshaw auf uns. Gleich nach der Abfahrt wird Helen von zwei Magpies angegriffen. Die rabengrossen Vögel verteidigen während ihrer Brutzeit gerne ihre Nester und offenbar haben wir es heute mit einem besonders pflichtbewussten Elternpaar zu tun. Es bleibt zum Glück beim Angriffsflug und einem gehörigen Schreck. Auf der Strasse hat es nicht wenig Verkehr und wenn ab und an ein grosser Truck aufkreuzt, hechten wir uns vorsichtshalber in den Graben neben der Strasse. Auf den letzten 30 Kilometern zählen wir 46 Känguruhkadaver. Ein trauriger Rekord, wenn man bedenkt, dass diese Tiere vorallem nachtaktiv sind und in der Regel erst in der Dämmerung nahe der Hauptstrassen aufkreuzen. Und ja, die Kadaver stinken ziemlich. Auch solche Dinge erlebt man auf dem Fahrrad viel intensiver als wenn man mit dem Auto unterwegs ist... Dafür segelt beim Mittagspicknick noch ein grosser Pelikan über unser Köpfe hinweg. Eindrücklich, dass diese Vögel mit ihrem Gewicht überhaupt fliegen können. Lufträume in ihren Knochen und grosse Luftsäcke unter ihrer Haut sorgen für genügend Auftrieb, so lesen wir später nach. In Penneshaw angekommen gönnen wir uns eine Nacht in einem Bungalow und besuchen abends noch eine Führung des lokalen Pinguinzentrums. Der kleine Pinguin ist hier heimisch und wir haben das Glück auf der Tour einige der scheuen Tiere beobachten zu können. Ein schöner Abschluss für eine wunderbare Inselumrundung, die wir so gar nie geplant hatten. Ein erster Umweg, der sich mehr als gelohnt hat. Inzwischen sind wir vier Tage geradelt und übernachten heute in der Vivonne Bay auf Kangaroo Island.
Unsere Anfahrt zur Insel führt uns weiter entlang der Küste und immer wiedermal müssen wir einen Hügel erklimmen. An den Hängen weiden Schafherden. Zeitweise erinnert uns die Landschaft etwas an Irland, nur das zwischen den Weiden Gummi- und Eukalyptusbäume stehen. Bevor wir losfahren sprechen wir nocheinmal länger mit dem Australier Dennis. Er fährt ebenfalls begeistert Tourenrad. Wir haben schon den den ganzen Abend gequatscht und er hat uns so einige Tipps mit auf unsere Reise mitgegeben. Zum Abschied drückt er uns noch ein wenig Proviant in die Hand. Da wir vom Radfahren fast immer hungrig sind, packen wir die paar Lebensmittel gerne ein. Jonas war heute Morgen übrigens auch ohne Kaffee schnell munter. In seinem Cap wartete eine haarige, wenn auch ungiftige Überraschung auf ihn (siehe Foto). Das Cap flog in hohem Bogen durch die Luft, nach dem er es mit der Spinne drin auf den Kopf gesetzt hatte. Lilien in vielen Farben und weisse Orchideen säumen unseren Weg. Fish & Chips in der Microbrewery Forktree bringen uns auf Touren. Die rund 1000 Höhenmeter, die wir vollbeladen hochfahren, beschehren uns eine rasante Abfahrt zum Cape Jervis. Wir erwischen noch die zweitletzte Fähre und freuen uns bereits auf die erste Nacht auf der Insel. Auf dem Campingplatz checkt uns der Abwart kurzerhand telefonisch ein, da die Reception etwas weiter oben im Dorf ist als der Campingplatz selbst. Einmal mehr werden wir sehr nett und voller Begeisterung empfangen. Unser erster Tag auf Kangaroo Island ist leider ziemlich regnerisch. Beim Packen hält das Wetter noch, danach beginnt es zu regnen. Nach vier Stunden erreichen wir völlig durchnäst unser erstes Etappenziel, die Murray Lagoon. Da auch noch ein kräftiger Wind auffrischt, beschliessen wir das Unwetter auszusitzen. Ein Unterstand bietet uns Schutz; wir braten Würste und kochen Risotto, um uns aufzuwärmen. Am nächsten Morgen ist das Wetter wieder besser und wir radeln auf einem schmalen Wanderweg in die Lagune hinein. Wir geniessen es ganz alleine zu sein und schwarze Schwäne zu beobachten. Wilde Pfaue sind uns bereits am Morgen über den Weg spaziert. Noch ohne klares Tagesziel fahren weiter der Küste entlang und entscheiden spontan, den Seal Bay Conservation Park zu besuchen. Das Wetter lädt noch immer nicht zum baden im Meer ein. Da Frühling ist, säugen dafür die Seehunde ihre Kleinen und wir können sie dabei aus nächster Nähe beobachten. Die drittgrösste Seehundkolonie Australiens lebt hier. Da die Seehunde Wind und Regen nicht ausstehen können, verstecken sie sich unter den Büschen nahe des Strandes. Fast wie wir gestern im Unterstand :D. Ein definitives Highlight dieser Reise! Anschliessend fahren wir noch bis zum heutigen Übernachtungsplatz in Vivonne Bay. Nach dem wir den ganzen Tag in den Bäumen nach Koalas gesucht haben, endecken wir am Abend beim Kochen eine Koalamutter mit ihrem Kleinen direkt über uns in einem Eukalyptusbaum. Eine australische Familie beobachtet begeistert mit uns die beiden. Sie erklären und demonstrieren uns (Riechprobe inbegriffen), dass sogar die Kacke der Koalas nach Eukalyptus riecht. Später am Abend turnen dann auch noch die Oppossums um uns herum. Was für ein tierischer Tag. Nach einer erholsamen Nacht in Alice Springs fahren wir zurück in den Süden. In zwei Tagen müssen wir unseren Ford Ranger wieder abgeben. Fast 1600 Kilometer sind es bis nach Adelaide.
Davor haben wir es uns nochmals richtig gut gehen lassen und uns in Alice nach einigen Zeltnächten wieder einmal ein Hotel geleistet. Nach einem Bier am Pool haben wir uns herausgeputzt und sind in die Stadt spaziert. Herausputzen heisst auf einer halbjährigen Veloreise: Mal wieder duschen, die letzten sauberen Kleider anziehen und die einzigen zwei Luxuskosmetika zücken, die wir dabei haben: Für Jonas ein kleines Töpfchen Haarwachs und für mich einen roten Lippenstift. Ein klein wenig Parfüm versteckt sich auch noch im Gepäck. Ein schönes Gefühl mit so wenig Gepäck zu reisen! Alice ist ungefähr so gross wie Aarau und an einem Mittwochabend auch etwa ähnlich verschlafen. Dennoch finden wir ein angenehmes Restaurant für ein schönes Abendessen. Am nächsten Morgen frühstücken wir im Café des botanischen Gartens. Gleich daneben ein kleiner Hügel voller Rock Wallabees und Euros. Was für ein Aufsteller vor der langen Autofahrt noch diese Tiere ein wenig beobachten zu können. Unsere auf dem Stuart Highway zieht sich: Krimi, Michael Mittermeier und zahlreiche Playlists überbrücken die vielen Stunden Rückweg. Bei einem kurzen Zwischenstopp in Kulgera treffen wir eine Velofahrerin die mit ihrem Hund "one Dollar" (ja, der heisst so!) auf dem Gepäckträger unterwegs ist. Bald gehören wir auch erkenntlich zu diesem Haufen an Verrückten, die die Welt mit zwei Rädern unter dem A**** erkunden - bald geht das Veloabenteuer los! Immerhin haben wir die Aussicht in Coober Pedy, einer Minenstadt, während unserer letzten Nacht des Roadtrips im einzigen unterirdischen Camping Australiens zu übernachten. Klingt etwas abgefuckt, aber wir wollen uns das nicht entgehen lassen. Tatsächlich ist Coober Pedy faszinierend. Auf der Jagd nach Opalen wird die Erde rund um die Stadt umgedreht. Da es im Sommer Tage gibt an denen die Temperaturen weit über 40 Grad ansteigen, wohnen viele Einwohnerinnen und Einwohner unterirdisch. Denn unter der Erde ist es immer 23 Grad warm, egal wie hoch die Aussentemperaturen steigen. Wie clever ist das denn! Wir quartieren uns also auch unterirdisch ein. Am Tag darauf fahren wir und fahren und fahren und fahren ... bis wir wieder in Adelaide sind. Am Morgen weist uns das Navi darauf hin, dass wir bitte nach rund 600 Kilometer links abbiegen sollen. Und so spannend wie diese Ansage ist in etwa auch der Roadtrip am letzten Tag. Doch was solls, wir sind uns einig, dass sich unser Roadtrip ins Outback gelohnt hat. Zurück in Adelaide nehmen wir uns einen Tag Zeit uns zu erholen, je etwas me-time zu geniessen und uns auf unser Veloabenteuer vorzubereiten. Jonas besucht die Flughundkolonie noch einmal bei gutem Wetter und kann ein paar tolle Bilder schiessen (siehe Galerie). Bepackt und voller Vorfreude radeln wir am Mittag des 2. Oktober 2022 los entlang der Küste. Immer wieder sprechen uns Leute an und wollen sich kurz mit uns unterhalten. Wir geniessen meist eine grossartige Aussicht auf traumhafte Strände. Am späten Nachmittag stossen wir sogar noch ganz unverhofft auf ein Weingut, die Ivybrook Farm. Wir geniessen ein Glas Rosé und fahren mit einer Flasche Weisswein im Gepäck bis Aldinga. Ps. Unter dem Menüpunkt Route sind von nun an unsere gefahrenen Routen ersichtlich. Am nächsten Tag brausen wir weiter Richtung Kings Canyon. Da auch der Watarrka Nationalpark einen eher touristischen Eindruck macht, beschliessen wir dieses Mal nicht im zentralen Ressort, sondern etwas ausserhalb des Schutzgebietes zu übernachten. Kings Creek Station ist die letzte Station vor dem Parkeingang. Zugleich Kamelfarm, Zeltplatz, Tankstelle, Restaurant und Shop macht uns der Ort beim Znünistopp einen symphatischen Eindruck. Wir fackeln nicht lange und buchen gleich einen Zeltplatz für den Abend. Kurz darauf fahren wir aber erstmal weiter in den Park hinein, um eine Wanderung zu machen. Dank Pretuval (Helens Erkältung hält sich hartnäckig) und Uele's gutem Tipp für Veloschuhe machen wir eine wunderschöne dreistündige Wanderung, den Kings Canyon Rim Walk, entlang der Canyonkrete. Wir müssen etwas schmunzeln, denn obwohl wir in einer der trockensten Regionen Australiens sind, fängt es gleich nach dem loswandern an zu regnen. Wir pfeifen drauf und wandern nach einem kurzen Stopp weiter. Die roten Sandsteinfelsen erscheinen umso farbenprächtiger, dazwischen Frühlingsblumen und Eidechsen - was für eine schöne Reisezeit wir uns da ausgesucht haben. Nach kurzer Zeit scheint wieder die Sonne. Den Abend lassen wir mit einem leckeren Kamelburger ausklingen, die Hündin Lola liegt friedlich unter dem Tisch und würde gerne etwas abbekommen. Wir beobachten die lustigen Galah Kakadus in den Bäumen und amüsieren uns ab dem Schullager aus Melbourne, dessen Teilnehmende ihre zwanzig identischen Zelte Termitenhügeln gleich neben uns aufgebaut haben.
Am nächsten Morgen besuchen wir einen Workshop von Karrke. Das kleine Unternehmen bringt interessierten Touristinnen und Touristen bei, wie Leute der Aranda- und Pertame-Stämme traditionell gelebt haben. Tatsächlich haben wir inzwischen schon einiges über Flora, Fauna und die Landschaft gelesen. Wir haben aber verhältnismässig wenig darüber gelernt, wie sich denn die Aboriginies diese Gegend zu eigen mach(t)en und nicht zuletzt in dieser Kargheit Jahrtausende überleben konnten. Der Workshop ist toll gemacht. Wir lernen unter anderem wie Farben aus verschiedenen Erden und Reptilienfett hergestellt wurden, wie sogenannte "dot paintings" gemalt werden und traditionell aus getrockneten Früchten Schmuck hergestellt wird. Während aus den Samen der einen Gräser kleine keksähnliche Kuchen gebacken wurden, kann aus den Wurzelknollen anderer seit Jahrtausenden ein Leim hergestellt werden. Dieser sieht aus wie Teer, klebt mindestens so gut und bleibt auch bei heissen Temperaturen im Sommer pickelhart. Voller Eindrücke fahren wir weiter und entscheiden uns auch noch den letzten Nationalpark vor Alice Springs anzusteuern, den West MacDonnell National Park. Unterwegs sichten wir einen Dingo. Und mitten auf der Mereenie Loap Road, einer schottrigen Ruckelpiste kommen uns zwei Velofahrende entgegen! Wir halten natürlich an. Alee und seine Freundin sind bereits eine Weile mit ihren Fahrrädern unterwegs und taff sind sie auch, denn eine solche Piste mitten im Nirgendwo draussen (wir sprechen von 150 bis 300 Kilometer bis zum nächsten kleinen Ort), muss erstmal gefahren werden mit dem Velo. Sie kommen aus Melbourne und planen etwa zu einer ähnlichen Zeit wie wir die Great Ocean Road zu fahren. Wir tauschen Nummern aus und schenken ihnen von unseren Sackmessern aus Schokolade. Wer weiss, ob wir uns wiedersehen. Viel zu erzählen hätten wir uns sicherlich. Für uns geht es erstmal weiter Richtung Alice. Die gut 700 Kilometer lange Autofahrt von Marla zum Uluru, auf Englisch auch Ayers Rock genannt, versuchen wir uns mit einem Krimi-Hörspiel (Die Chemie des Todes von Simon Beckett, ungekürzte Fassung) und einer Packung Marshmallows so gut es geht zu verkürzen. Auf dem Ayers Rock Resort Campground angekommen ist uns dann beiden ein bisschen schlecht vom vielen Zucker. Und wer nun der Mörder war, wissen wir auch noch nicht, da das Hörspiel so saulange dauert. Aber das ist ganz ok so, wir müssen ja schliesslich noch zurückfahren. Auf dem Campingplatz angekommen, werden wir von diesem so gehypten Ort Australiens ziemlich entäuscht. Sie haben uns auf dem "Overflow" Campground einquartiert, eine Wüstensandbrache neben einem lauten Dieselstromkraftwerk. Na, herrlich. Das Ayers Rock Resort ist leider die einzige Übernachtungsmöglichkeit hier in der Region, der Nationalpark ist nur tagsüber zugänglich. Wie wir es schon vermutet haben, ist alles sehr touristisch. Es macht uns traurig und nachdenklich, einerseits die vielen reichen Touristen (inklusive uns) und dann im Ressortzentrum arme Aborigines herumsitzen zu sehen. Ihren Vorfahren wurde dieses Land und der heilige Uluru mehr oder weniger einfach weggenommen. Auch wenn das Land inzwischen wieder zurückgegeben worden ist, geschah dies unter der Auflage, dass es an den Nationalparkverband zurückgeleast wurde. Das erwirtschaftete Geld wird reinvestiert in den Park, das meiste fliesst jedoch in Unterhalt und Logistik rund um das Ressort. Nach einer einigermassen erholsamen Nacht, in welcher Helen mit einer leichten Erkähltung zu kämpfen hat, bauen wir dann schliesslich unsere Fahrräder zusammen und können das erste Mal in die Pedale treten. Ein herrliches Gefühl, am frühen Morgen dem roten Riesen entgegenzufahren. Der Uluru ist von unserem Campingplatz circa 25 Kilometer entfernt und so können wir den Inselberg (es ist eben kein Monolit, wie viele denken) noch vor dem Mittag mit unseren Fahrrädern umrunden. Auf dem Rundweg gibt es immer wieder kurze Wanderwege zu Wasserlöchern oder zu kleinen Felsschluchten. Es gibt auch markierte Gebiete, in welchen aus Rücksicht gegenüber den Anangu-Aborigines nicht fotografiert werden darf. Dies wird nichtsdestotrotz von einigen Touristinnen und Touristen immer wieder offensichtlich ignoriert, was uns sprachlos macht. Ebenso wie die Segwaytouren, was für eine absurde Form der Fortbewegung ... Die kleine Warm Up-Runde zum Uluru ist trotzallem sehr schön und wir können uns an der Landschaft rund um den Nationalpark kaum satt sehen (siehe Galerie). Zum Sonnenuntergang wollen wir dann noch das eigentliche Spektakel, den sonnentrinkenden Berg vom Aussichtspunkt des Resorts bestaunen. Da es allerdings ein bisschen bewölkt ist, ist davon nicht viel zu sehen und so gibt es dann Pekingente süss-sauer anstatt einem trinkenden, roten Berg. Ps.: Wer weiss wie man elektrostatisch aufgeladenen Sand von einer Zeltblache entfernt ohne eine Bürste oder ähnliches zu besitzen? Tipps von Zeltprofis in den Kommentaren sind willkommen. Und nein, ausschütteln funktioniert eben nicht :D... |